Driescherfeld

Stadtteil Driesch

amtlich benannt am 14. Dezember 1956 durch den Rat der Gemeinde Büttgen

heutiger Verlauf: Von der Hauptstraße bis zur Straßengabelung Richtung Höhenweg sowie Richtung Büttgen in einem Feldweg mündend

Länge der Straße: 307 m

Ein alter Flurname, südöstlich von Driesch gelegen, gab der Straße ihren Namen.

Mit Driesch bezeichnete man früher den unbebauten, d.h. nicht umgepflügten Teil der Ackerflur, der vornehmlich der Viehweide diente. Man zog darauf schon mal Klee und im Anschluss daran Hafer, den man den Drieschhafer nannte. [1]

Die heutige Situation

Auf beiden Seiten der Straße „Driescherfeld“ gibt es Regenablaufrinnen mit den dazu gehörenden Senken. Diese enden allerdings am Grundstück vom Gehöft Kallen, Haus Nr.18. Von dort bis zum Gehöft Coenen, Haus Nr. 22 sind weder Ablaufrinnen noch Senken vorhanden. Einen Bürgersteig finden wir nur auf der rechten Straßenseite bis zur Einmündung am „Höhenweg“, wo er auf den von dort kommenden Bürgersteig trifft. An der Straße stehen sowohl Alt- als auch Neubauten. Es gibt fünf Mehrfamilienhäuser, vier Hofanlagen und mehrere Einfamilienhäuser. Vom Gehöft Kallen, Nr. 18 bis Coenen, Nr. 22 ist die Straße nur rechtsseitig bebaut. Die linke Seite besteht aus Ackerland. Hinter dem Gehöft von Bauer Rainer Coenen geht die Straße in einen befestigten Feldweg über, der auf die Umgehungsstraße L 154 trifft. Diese überquerend, gelangt man nach Büttgen in den „Strucker Weg“.

Driesch, Driescherfeld, Viehweide der Familie Kamper in den 1960er-Jahren
Driescherfeld; Viehweide der Familie Kamper in den 1960er-Jahren

Ehemalige landwirtschaftliche Betriebe

An der Straße „Driescherfeld“ lagen früher 5 Bauernhöfe. Das waren die Höfe Vetten / Esser (B5), Kamper/ Hagen (B8 — heute Nr. 7,), Kallen — „Klompemäekisch“ (B11 — heute Nr. 18), Kallen — „Bätes“ (B12- heute Nr. 14) sowie Coenen (B9/10 — heute Nr. 22). Der einzige heute noch bewirtschaftete Hof ist der Betrieb des Obst- und Gemüsebauers Rainer Coenen, der auf seinen Feldern überwiegend Blumen, Gemüse und Obst anbaut, die im Hofladen und auf den Wochenmärkten verkauft werden. In den übrigen vorgenannten Gehöften ist der ursprüngliche landwirtschaftliche Betrieb seit 1963 nach und nach eingestellt worden.

Ausführlich befasst mit dem Lörkeshof, heute Hagen, hat sich der ehemalige Pfarrarchivar von St. Aldegundis und Mitarbeiter im Arbeitskreis Stadtgeschichte im Stadtarchiv Kaarst, Johannes Riskes. Seinen Recherchen zufolge war der früheste feststellbare Besitzer des Lörkeshofes mit seinen 69 Morgen Land schon vor 1600 ein Weilhelm vom Hambroch. Bis zum Dreißigjährigen Krieg wechselten mehrfach die Besitzverhältnisse. Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges erscheint am 23. Januar 1668 in den Akten ein Johann Ploemers, der eine recht brauchbare Beschreibung des Hofes liefert. Demnach gehörten zum Lörkeshof jetzt 75 Morgen Land in 8 Feldern. Außerdem gehörte zum Hof noch eine Solstätte. Davon musste an die beiden Küster von Büttgen und Kleinenbroich je ¼ Malter Korn und ein Spendbrot jährlich geliefert werden. Damit endet zunächst die Überlieferung und erst im Kataster von 1815 wird als Pächter Wilhelm Lammertz aufgeführt. Im Jahre 1837 war Bernhard Schmitz aus Lüttenglehn der Eigentümer des Lörkeshofes. Über Schmitz Leonard und Schmitz-Boesch, Holzbüttgen kam der Hof schließlich an Kamper. Mit Schwiegersohn Rudi Hagen wurde der Hof stark verändert und zu einem modernen Wohnhaus umgebaut.[2]

Driesch, Driescherfeld, Schlagkarre mit Ochsengespann um 1940 auf dem Hof von Kamper (heute Hagen)
Driescherfeld; Schlagkarre mit Ochsengespann um 1940 auf dem Hof von Kamper (heute Hagen)

Im Hause Nr. 12 betrieb Peter Rothlauf, genannt „Kutze Pitter“ eine Handlung für Kohlen, Koks und Briketts. Vom Hause Nr.8 schräg gegenüber, belieferte Milchhändler Johann Tenten, genannt „Tente Hännes“, seine Kundschaft anfangs noch mit Pferd und Wagen, ab Mitte der 1950er-Jahre dann mit seiner Neuerwerbung, einem „Goliath-Dreirad-Transporter“.

Driesch, Der Driescher Kaufmann Johann Tenten mit seinem Milchwagen, der noch vom Pferd gezogen wurde, ungefähr im Jahr 1935.
Der Driescher Kaufmann Johann Tenten mit seinem Milchwagen, der noch vom Pferd gezogen wurde, ungefähr im Jahr 1935.
Driesch, Driescherfeld, Das Driescher Original "Tente Hännes", der seine Kunden über mehrere Jahrzehnte hinweg mit frischer Milch belieferte, hier in den 1950er-Jahren vor seinem neuen "Goliath-Dreirad-Transporter".
Driescherfeld, Das Driescher Original "Tente Hännes", der seine Kunden über mehrere Jahrzehnte hinweg mit frischer Milch belieferte, hier in den 1950er-Jahren vor seinem neuen "Goliath-Dreirad-Transporter".

Winterfreuden am „Tente Bärsch“

Wenn der Winter mit viel Schnee und Eis ins Land zog, was in unserer Jugendzeit keine Seltenheit war, wenn Verwehungen den Schnee bis unter die Dächer gefegt hatte und die Eiszapfen von den Dachrinnen hingen, holten wir Kinder unsere Schlitten, die meist von den Vätern oder Großvätern selbst gebaut waren, aus dem Schuppen oder Keller, und dann ging es ab zum „Tente Bärsch“.

Der „Tente Bärsch“ war eigentlich eine vom am Driescherfeld liegendem Grundstück der Familie des Milchhändlers Johann Tenten (heute Bothur) abfallende Böschung zur Viehweide des gegenüber liegenden Lörkeshof von Kamper Pitter. Heute steht dort das Mehrfamilienhaus der Familie Rudi Hagen. Diese Weidefläche, auf der bis Ende der 1960er Jahre regelmäßig die Kühe weideten, fiel mit einer leichten Böschung von ca. einem Meter von der Straße Driescherfeld nach hinten in Richtung „Schlenkloch“ ab. Dagegen war die Böschung zum Hause Tenten etwa zwei Meter hoch und sehr steil. Wenn wir Kinder unten am Fuß der Böschung standen, hatte es für uns den Anschein, das Haus Tenten würde auf einem Berg stehen. Die größeren Kinder fuhren dann „mutig“ mit dem Schlitten den kürzeren, aber auch steileren „Abhang“ hinunter. Die Kleinkinder wählten lieber den längeren, ungefährlicheren Weg von der Straße aus.

Auf dieser „Rennrodelstrecke“ wurden die tollsten Meisterschaften ausgetragen. Es ging darum, wer mit seinem Schlitten am weitesten fahren konnte. Um immer wieder neue Rekorde aufstellen zu können, kippten die Kinder der Familie Tenten am Abend zwei, drei Eimer Wasser den Hang hinunter. Am anderen Morgen war dieser dann mit einer dicken Eisschicht überzogen. Nach der Schule ging es dann wieder darum: Wer wird Rodelmeister vom „Tente Bärsch“?

Wir fuhren aber nicht nur mit dem Schlitten. Auf der Straße Driescherfeld, die bis Ende der 1960er-Jahre noch mit Kies und Schotter gedeckt war, befanden sich immer viele Schlaglöcher, die nach vorherigen Regenfällen zugefroren waren. Diese suchten wir unter der Schneedecke und legten Rutschbahnen an. Oft kam es vor, dass Jemand über einen Stein, der im Schnee nicht zu sehen war, stürzte und „enn Büül am Kopp“- eine Beule am Kopf davontrug.

Nur an wenigen Stellen im Dorf gab es Straßenlaternen. Eine davon hing über der Straße im Bereich vom „Tente Bärsch“, somit konnten wir dort sogar noch am Abend bei „Flutlicht“ unser Unwesen treiben.

Da zu dieser Zeit die Telegrafenmasten noch mit den schönen, weißen Porzellanköpfen bestückt waren, an denen die Hochspannungsleitungen entlang liefen, waren diese das Ziel unserer Schneeballgeschosse. Wochen später sah man dann die Arbeiter vom RWE mit ihren Steigeisen an den Masten hochklettern, um die kaputten Porzellanköpfe auszutauschen. [3]

Driesch, Driescherfeld, Wohnhaus der Familie Vossenkuhl. Hier war für viele Jahre die Ziegen-Bockstation mit bis zu 10 Böcken des 1907 gegründeten Ziegenzuchtvereins Büttgen eingerichtet.
Wohnhaus der Familie Vossenkuhl. Hier war für viele Jahre die Ziegen-Bockstation mit bis zu 10 Böcken des 1907 gegründeten Ziegenzuchtvereins Büttgen eingerichtet.

Bockstation — Ziegen im Hause Vossenkuhl, heute Labude Nr.5

Im Jahr 1919 wurden in der Gemeinde Büttgen 626 Haushalte gezählt, 701 Kühe und 878 Ziegen, die „Kühe des kleinen Mannes“. Die Ziege war also weit verbreitet, was nicht immer so war. Im Jahr 1595 wurde die Haltung sogar verboten, weil Ziegen durch Abfressen junger Schösslinge und Zweige großen Schaden in Waldungen anrichteten. Erst um 1700 wurde die Haltung in Ställen wieder erlaubt. Nachdem das Weiden auf Allmenden entfiel, weil diese aufgeteilt wurden, konnten Bauern mit geringer Acker- und Weidefläche keine Kühe mehr halten und die Ziegenbestände stiegen an.

Um 1900 war das Leben auf dem Land ärmlich. Auch in Driesch konnten sich nur wenige den Gang zum Kolonialwarenladen der „Schenkwirtschaft zur Schützenlust“ der Familie Fausten oder zum Metzger Peter Kluth leisten. Man war auf den eigenen Garten und seine Erzeugnisse angewiesen. Vieles wurde für den Winter eingeweckt, Kartoffeln eingekellert. „Fitschebohnen“ lagerte man in Fässern, in denen sie säuerten und offenbar scheußlich rochen. Dennoch waren sie ein beliebtes Essen im Winter. Fleisch wurde getrocknet oder gepökelt aufbewahrt. Die Ziege diente als Milchlieferant über den Winter.

An der Provinzialstraße nach Büttgen verpachtete die Gemeinde Grasparzellen, auf denen Gras für die Ziege abgeschnitten wurde. Kurzzeitig wurde die Ziege hier auch angepflockt. Überschüssiges Gras wurde als Heu für den Winter eingelagert.

Die besondere Bedeutung der Ziegenzucht geht aus einem „Bericht über die Verwaltung und den Stand der Kommunalangelegenheiten im Landkreis Neuß für die Jahre 1926/27“ hervor. Danach wurden den Gemeinden Zuchtböcke unentgeltlich zur Verfügung gestellt. So richteten die Behörden sogenannte „Bockstationen“ ein, weil gerade für die einfache Bevölkerung die Ziege als Milch- und Fleischlieferant von großer Bedeutung war. Da Ziegen stark riechen, wurden sie abseits der Wohnhäuser gehalten und die Bockstationen am Rand der Gemeinden eingerichtet.

Die offizielle Bockstation in Driesch befand sich auf dem Anwesen der Familien Vossenkuhl im Driescherfeld, heute Labude. Sie wurde wie alle anderen vom Kreisveterinäramt streng kontrolliert. Über die Deckgänge musste Buch geführt werden. Um „Zickskes“ zu haben, ging man mit seiner „Jeet“ zur Bockstation, um sie dort gegen Entgelt decken zu lassen. Die Jungtiere wurden teilweise verkauft, oft an den Driescher Josef Ferfers (Salz-Hannes). Der zahlte für ein junges Lamm 15 Pfennige, um es dann weiter zu verkaufen.

Mit steigendem Wohlstand und der erhöhten Produktion von Kuhmilch sank die Zahl der Ziegen rapide und die Ziege verlor an Bedeutung.[4]

 

08.03.2014

 


 

[1] Klüber, Eduard: Flurnamen und ihre Bedeutung. Schriftenreihe Büttgen Heft 4, S. 44

[2] StA Kaarst Sammlung Johannes Riskes. Riskes, Johannes: Der Lörkeshof zu Driesch, eine vergessene Stiftung für das Montaner Gymnasium in Köln

[3] StA Kaarst Sammlung Heinz Töller. Töller, Heinz: Winterfreuden am „Tente Bärsch“.

[4] StA Kaarst Sammlung Heinz Töller. Töller, Heinz: Die Ziege – Kuh des kleinen Mannes.

[8] NGZ 17.06.1995

 

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