Großer Mühlenweg
Stadtteil: Holzbüttgen
amtlich benannt am 7. Dezember 1953 durch den Rat der Gemeinde Büttgen
heutiger Verlauf: von der Königstraße bis zum Wirtschaftsweg „Am Mühlenweg“; er quert die Kreuzstraße und die Siemensstraße (K37n)
früherer Verlauf: von Pannenbecker bis Blassen
Länge des Weges: 800 m
Laut dem Wege-Lagerbuch der Gemeinde Büttgen verlief der Große Mühlenweg als„Communalweg von der Grefrather Grenze gegen Bejähringer-Hof ab auf die alte Windmühle und weiter durch Holzbüttgen an Hassels & Risges-Hof vorbei bis gegen Holzbüttger Haus in Weg 65“. Der Weg hatte eine Breite von 12 bis 24 Fuß (geringste oder größte Breite) und eine Länge von 1.400 Ruthen.[1]
Der Große Mühlenweg erhielt den Namen von der Dycker Mühle, bekannt auch als „Braunsmühle“, die an der Straße von Büttgen nach Neuss liegt.[2] Die Mühle war früher eine sogenannte „Zwangsmühle“. Das heißt, die Bewohner im Einzugsgebiet mussten das Getreide dort mahlen lassen. Der Müller war verpflichtet, eine Karre zu unterhalten, mit der er das Mahlgut bei den Bauern abholte und das Gemahlene wieder zurückbrachte. Seine Tour nach Holzbüttgen führte ihn über den Großen Mühlenweg. Er machte die Runde bei den ansässigen Landwirten und karrte anschließend zur Mühle in Büttgen zurück.
Der Mühlenzwang war für den Grundherrn ein einträgliches Geschäft. Für die Benutzer der Mühle war es erdrückend, weil sie einen Teil des Mahlgutes als Molter abgeben mussten. Molter war der Mahllohn des Müllers, welcher denselben in Natur von dem zu mahlenden Getreide abnahm.[3] Erst in der Franzosenzeit, Ende des 18. Jahrhunderts, wurde der Mühlenzwang abgeschafft.[4]
Im Teilstück des Großen Mühlenweges, zwischen Königstraße und Kreuzstraße, liegt der Pannenbeckerhof. Der Name Pannenbecker wird 1748 zum ersten Mal erwähnt.[5] Der damalige Besitzer hieß Heinrich Hintzen. Nach dessen Tod übernahm 1771 sein Stiefsohn Adam Pannenbecker den Hof. Seitdem ist der Hof im Besitz der Familie Pannenbecker. Die Witwe von Jakob Pannenbecker, Anna Maria Johnen, errichtete 1870 einen neuen Hof. Die Fertigstellung erfolgte 1879. Sicher ist, dass der Name Pannenbecker kein typisch rheinischer Name ist. Es deutet alles darauf hin, dass hier die Berufsbezeichnung zum Namen avancierte. Pannenbäcker lässt auf einen Berufsstand in der Ziegelindustrie schließen. Ein Pannenbäcker hat Dachpfannen und Ziegel gebacken. Den Nachweis bildet ein Vertrag, der 1870 zwischen der Witwe Pannenbecker und dem Ziegelunternehmer Paul Lißen geschlossen wurde über die Lieferung von Dachziegeln.
Direkt gegenüber dem Wohnhaus befand sich eine Lehmkuhle. Karl-Heinz Pannenbecker erinnert sich, dass in seiner Kindheit der Hof auch „Pannenkuhlshof“ genannt wurde. Die Familie Pannenbecker lebt seit dem 18. Jahrhundert auf dem Hof.[6]
Die Ländereien, die zum Pannenbeckerhof gehörten, wurden durch die Flurbereinigung in den 1960er-Jahren zusammengelegt. Nach der Zusammenlegung baute die Familie K.H. Pannenbecker 1968 in der Feldmark „Am Steinacker“ einen neuen Bauernhof. 1969 erfolgte der Umzug. Heutiger Besitzer ist Johannes Pannenbecker, Pferdewirt und Landwirtschaftsmeister. Der Hof liegt im Feld (Steinacker) zwischen Holzbüttgen und Büttgen. Der alte Pannenbecker Hof wurde unter Denkmalschutz gestellt. Im Jahre 1979 begannen eine Kernsanierung sowie Umbauarbeiten auf dem alten Hof. Diese Arbeiten dauerten bis 1997. Auf den Weiden um den Hof wurden Einfamilienhäuser gebaut. Heute bewohnt die älteste Tochter von Karl-Heinz Pannenbecker den Hof.[7]
Auf dem Großen Mühlenweg zwischen Siemensstraße (K37n) und dem Wirtschaftsweg „Am Mühlenweg“ liegen die Bauernhöfe Robertz (heute Bohr), Kaiser (heute Karis) sowie der Hof der Familie Blassen.
Landwirtschaft wird nur noch von der Familie Bohr betrieben. Sie verkaufen in einem Bauernladen eigene Erzeugnisse wie Kartoffeln, Gemüse, Salat, Obst sowie Wurst und Geflügel. Der Hof der Familie Bohr/Robertz ist wohl der älteste Hof. Er wurde bereits unter dem Namen „Pannenkugsgut“ in einer Urkunde vom 30. Juli 1464 erwähnt.[8] Der Besitzer des Hofes von Willi Robertz (s. Bohr) wurde im Ort „de Kahle Bur“ genannt. Seine Tochter nannte man „Kahle Minchen“. Den Namen behielt sie auch nach ihrer Heirat mit Willi Bohr. Aus einem Dokument im Besitz der Familie Robertz geht hervor, dass im Jahr 1730 schon ein Mitglied der Familie Robertz auf dem Bauernhof am Großen Mühlenweg gesessen hat.[9] Im Volksmund heißt der Hof bis heute „de Kahle Hoff“. Möglicherweise beziehen sich diese Namen auf ehemalige Lehnsleute des Pannenkugsguts. Im Jahre 1744 wird ein Henricus Call genannt. Später sind die Erben von Franz Kallen auf dem Hof (1815-1840). Somit könnte aus Kallen Hoff im Laufe der Jahre dann Kahlen Hoff o.ä. geworden sein.[10]
Der Hof der Familie Kaiser (historischer Name nicht bekannt) gehört heute Josef Karis, der einen Brennstoffhandel betreibt, welcher sich früher auf der Kreuzstraße befand. Die Familie von Karl-Josef Blassen gab die Landwirtschaft in 2007 auf. Im Volksmund wurde dieser Teil des Großen Mühlenweges auch „Köschehött“ genannt. Die Köschehött hat ihren Namen von einer Familie Körschenhaus, die früher den Hof der Familie Blassen bewirtschaftete.[11]
Der Ausbau des Großen Mühlenweges an der Kreuzstraße beginnend bis Ecke Hof Blassen erfolgte im Jahr 1973. Der Kanal wurde bereits 1968 verlegt. Der Auftrag zur Ausführung der Arbeiten für den Ausbau der Kanalisation wurde vom Büttgener Gemeinderat am 25. Juni 1968 vergeben (für das bestehende Teilstück der Straße).[12]
Außerdem befanden sich die Einfamilienhäuser der Familien Ritters, Schmitz und Bayer auf dem Großen Mühlenweg. Die Wiesen und Äcker zwischen Königstraße und K37n, Siemensstraße, wurden 1966 mit weiteren Einfamilienhäusern bebaut.
Durch den Bau der Umgehungsstraße K37 in den Jahren1996/97 wurde der hintere Teil des Großen Mühlenweges mit den dort liegenden Bauernhöfen praktisch vom Ort abgeschnitten. Heute liegen sie hinter dem Kreisverkehr allein im Feld. Nach der räumlichen Trennung vom Ort haben die Anwohner ein Schild aufgestellt „Willkommen in Bohrhausen“.
27.08.2018
[1] Stadtarchiv Kaarst Nr. 1.039/2.
[2] Klüber, Eduard: Büttgen. Mühlen und Bauernhöfe, 2. Aufl. überarbeitet von Reinhold Mohr, Kaarst 2004, S. 15ff.
[3] Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 12: L-Mythisch, S. 156.
[4] Klüber: S. 10f.; Emsbach, Karl: Windmühlen im Kreis Neuss, o.O. 1990, S. 63ff.
[5] Klüber, S. 93.
[6] Pannenbecker, Karl-Heinz: Die Familie Pannenbecker und der Pannenbeckerhof. Eine Chronik; Klüber, S. 92ff.
[7] Pannenbecker, Karl-Heinz: Pannenbecker Hof. Erinnerungen.
[8] Riskes, Johannes: Die Apostelgüter, Kaarst 2007; S. 141ff.
[9] Klüber, S. 91.
[10] Riskes, S. 143.
[11] Mündliche Auskunft von Karl-Josef Blassen.
[12] Stadtarchiv Kaarst Nr. N 67.